Trainees haben den ersten Schritt in Richtung einer attraktiven und gut dotierten Einstiegsposition oft bereits gemacht. Traineeprogramme gelten nicht umsonst als Sprungbrett für eine erfolgreiche Fach- oder Führungslaufbahn. Ein Problem gibt es allerdings: Die Bezeichnung „Traineeprogramm“ ist – ähnlich wie das Volontariat in Medienberufen – nicht geschützt. Die Bewerber stehen aber nicht ganz hilflos da. Denn es gibt Kriterien, mit deren Hilfe sie feststellen können, ob das angebotene Programm das Etikett Traineeprogramm wirklich verdient.
1. Wie lange dauert das Traineeprogramm?
Traineeprogramme dauern meist zwischen 14 und 18 Monate. Das ist eine gute Spanne, um unterschiedliche Bereiche des Unternehmens kennenlernen, in verschiedenen Abteilungen Kontakte knüpfen und zusätzliche Off-the-Job-Trainings wahrnehmen zu können.
Ist das Programm kürzer als ein Jahr, ist Vorsicht geboten. Trainees können sich zwar in einigen Monaten in ihre Projekte einarbeiten. Das Kennenlernen verschiedener Abteilungen und der Blick hinter die Kulissen des Unternehmens könnten aber zu kurz kommen. Damit wäre der Unterschied zu einem Direkteinstieg in der Firma nicht mehr sehr groß.
2. Wie viele Stationen durchlaufen die Trainees?
Sinn eines Traineeprogramms ist, nicht nur mit der späteren Zielposition, sondern mit möglichst vielen Bereichen des Unternehmens vertraut zu sein. Alle Facetten einer Firma zu kennen, hilft nicht nur auf einer späteren Führungsposition. Auch bei einer Fachlaufbahn vereinfacht es die tägliche abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, schon Hintergrundwissen über die verschiedenen Abteilungen gewonnen und viele Kontakte geknüpft zu haben.
Das ist kaum möglich, wenn Trainees während ihres Programms weniger als drei wichtige Bereiche kennenlernen. Das ist dann bedauerlich für beide Seiten: Von dem gegenseitigen Verständnis über Abteilungen hinweg profitiert schließlich auch das Unternehmen.
3. Gibt es zusätzliche Trainingsangebote?
Wer mehrere Abteilungen in einem Unternehmen durchläuft, erlebt ein intensives Training on the Job. Zusätzliche Off-the-Job-Schulungen dürfen in einem hochwertigen Traineeprogramm ebenfalls nicht fehlen. In Workshops, Fachseminaren, Soft-Skills-Trainings, Sprachkursen oder E-Learning-Angeboten eignen sich Trainees Themen an, die sie auf ihren Stationen on the Job nicht einfach erlernen können. Fehlen solche Angebote, ist der Arbeitgeber offenbar nicht bereit, in die Ausbildung seiner Trainees wirklich zu investieren.
Positiver Nebeneffekt der Schulungen: Sie bieten eine gute Möglichkeit, Kontakte zu Trainees und Mitarbeitern im eigenen oder in anderen Unternehmen zu knüpfen.
4. Lassen sich Netzwerke bilden?
Ein dichtes Netzwerk im Unternehmen knüpfen die Trainees schon durch ihre intensive Mitarbeit in wechselnden Abteilungen des Unternehmens. Den Netzwerk-Gedanken können Unternehmen aber auch strukturiert unterstützen. Viele Anbieter von Traineeprogrammen ermöglichen ihren Trainees regelmäßige Treffen, auf denen sie sich über ihre Erfahrungen im Unternehmen austauschen können. Auch Exkursionen und Online-Foren sind möglich. Alumni-Netzwerke ehemaliger Trainees tragen ebenfalls dazu bei, noch nach Abschluss des Programms gemeinsam von den früheren Erfahrungen zu profitieren.
5. Wie ist die Betreuung während des Traineeprogramms?
Dem Trainee sollte eine erfahrene Führungskraft als Mentor zur Seite stehen. In den einzelnen Stationen sollte es ebenfalls immer eine feste Person geben, die für die Trainees verantwortlich ist und ihnen für ihre Fragen zur Verfügung steht. Eine individuelle und persönliche Betreuung zeigt, dass der Trainee dem Unternehmen wichtig ist. Regelmäßige Feedback-Gespräche fördern die fachliche und persönliche Weiterentwicklung. Ein persönlicher Ansprechpartner hilft zudem bei möglichen Problemen, die während eines intensiven Programms auftreten können.
Bewährt haben sich auch Buddy- oder Patenmodelle. Hier werden Trainees von Kollegen begleitet, die selbst vor nicht allzu langer Zeit ein Traineeprogramm im Unternehmen absolviert haben. Sie können sich besonders gut in die Situation der neuen Trainees hineinversetzen und ihnen mit persönlichen Tipps weiterhelfen.
6. Wann wird über die Zielposition entschieden?
„Es gibt Traineeprogramme, die ganz klar mit einer Zielposition verknüpft sind, etwa für den Vertrieb oder den Einkauf. Andere Programme sind dagegen offener. Dann hängt die weitere Entwicklung stärker von den Interessen des Trainees und den Feedback-Gesprächen mit dem Mentor oder den Ansprechpartnern in den einzelnen Abteilungen ab“, erklärt Bernhard Wundsam, Leiter des Karriereservices „Uniport“ der Universität Wien.
Ein Beispiel für eine solche offenere Variante ist das 18-monatige Traineeprogramm des Technikkonzerns Liebherr. Hier kristallisiert sich oft in den Quartalsmeetings, die das Unternehmen mit allen Trainees abhält, eine Richtung für die spätere Laufbahn heraus. „Sonst besprechen wir nach einem Jahr in einem Treffen, welche Position infrage kommt“, so Vanessa Seidl, Personalreferentin im Liebherr-Werk Bischofshofen. Dabei kommt es auch auf die Initiative der Trainees an. „Wir schreiben alle offenen Stellen zunächst intern aus. Die Trainees haben die Möglichkeit, sich hier zu bewerben“, erklärt Seidl. Aussichtsreich sind die Bewerbungen auf jeden Fall: „Bei den Abteilungsleitern sind die Trainees wegen ihres umfangreichen Hintergrundwissens meist sehr beliebt.“
„Ist im Unternehmen nach Abschluss des Traineeprogramms gerade keine passende Führungsposition frei, kann es auch passieren, dass eine kürzere Durststrecke auf den Trainee zukommt“, ergänzt Wundsam. Wichtig ist jedoch, dass der Trainee über seine Perspektiven im Unternehmen nie im Unklaren gehalten wird.
7. Wie flexibel ist das Programm?
Manche Programme lassen den Trainees innerhalb eines strukturierten Ablaufplans von vornherein bestimmte Gestaltungsräume. Sie haben dann etwa die Möglichkeit, eigene Präferenzen bei der Wahl einzelner Stationen oder Unternehmensstandorte im In- und Ausland einzubringen. So stimmen bei der Porsche Holding Salzburg (PHS) das Unternehmen und der Trainee zu Beginn des Traineeprogramms ab, in welcher Fachabteilung die Ausbildung startet. „Alle weiteren Stationen sind flexibel und orientieren sich an den individuellen Qualifikationen des Trainees und der aktuellen Unternehmensentwicklung“, so Christina Triffterer, bei PHS verantwortlich für das Employer Branding und Talent Scouting.
In Ausnahmefällen – wenn hoher Bedarf im Unternehmen besteht – wird das Programm sogar vorzeitig abgeschlossen: „Manchmal besteht die Möglichkeit, schon während eines Traineeprogramms eine freiwerdende Position zu übernehmen“, berichtet Bernhard Wundsam vom Karriereservice der Uni Wien. Dann sollte aber darauf geachtet werden, dass es sich auch um eine Wunschabteilung des Trainees handelt und er nicht als Notstopfen eingesetzt wird.
8. Wie hoch ist das Gehalt?
Die an Trainees gezahlten Gehälter unterscheiden sich zum Teil enorm. Das spiegelt aber vor allem die Gehaltsunterschiede zwischen den einzelnen Branchen wider. So können Berufseinsteiger bei den großen Namen aus dem Finanzsektor, dem Handel, der Chemie- und Pharmabranche, der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau auch als Trainees auf Jahresgehälter über 45.000 Euro hoffen. In den Bereichen Marktforschung, Werbung oder Tourismus müssen sie sich dagegen oft mit wenig mehr als 20.000 Euro begnügen. Damit bewegen sie sich eher auf dem Niveau der dort üblichen Gehälter für Volontäre – und die Frage ist, ob das Traineeprogramm wirklich seinen Namen verdient.
Meist ist das Gehalt für Trainees etwas niedriger als das für Direkteinsteiger. Der Unterschied fällt aber nicht mehr allzu sehr ins Gewicht. Bei der weiteren Gehaltsentwicklung dürften die Vorteile eines Traineeprogramms – der bereichsübergreifende Überblick über das Unternehmen und die frühe Vernetzung mit den Führungsebenen – den Abstand locker wettmachen.
Klar sollte aber sein, dass das Traineeprogramm nicht wie ein besseres Praktikum vergütet wird und dass die gehaltliche Perspektive stimmt. So starten bei Liebherr alle Trainees mit dem gleichen Gehalt. Personalreferentin Vanessa Seidl erläutert das weitere Procedere: „Nach neun Monaten werden sie je nach Studienabschluss in die nächste Beschäftigungsgruppe laut Kollektivvertrag umgestuft, in der sie nach dem Programm auch in ihre Zielposition gehen.“ Gespräche über die weitere Gehaltsentwicklung sollten innerhalb des Jahres nach Erreichen der Zielposition folgen – wie bei jedem anderen Mitarbeiter auch.
9. Wie gut sind die Übernahmechancen?
Nicht jedes Unternehmen bietet seinen Trainees von Anfang an einen unbefristeten Vertrag. Die Perspektive für eine spätere Festanstellung sollte aber vorhanden und entsprechende Schritte und Feedback-Gespräche definiert sein. Bei Liebherr steht die spätere Übernahme des Trainees praktisch schon zu Beginn fest.
Das liegt auch im Interesse des Unternehmens, erklärt Personalerin Seidl: „Nach drei Monaten erhalten unsere Trainees einen unbefristeten Vertrag. Für uns wäre es ja schlimm, wenn wir sie nach der 18-monatigen fundierten Ausbildung ziehen lassen müssten.“ Denn bei einem hochwertigen Trainee-Programm handelt es sich um ein Investment, von dem auch die Unternehmen anschließend profitieren wollen. Sowohl Liebherr als auch die Porsche Holding Salzburg taxieren die Übernahmequote bei ihren Trainees auf annähernd 100 Prozent.
10. Wie transparent ist die Ausschreibung?
Erscheint die Ausschreibung für ein Traineeprogramm etwas fragwürdig oder sind einzelne Punkte unklar, ist der einfachste Weg oft der beste: Potenzielle Bewerber sollten sich direkt an die Ansprechpartner für das Programm wenden. Bei einem seriösen Traineeprogramm werden diese gerne Auskunft geben und für Klarheit sorgen. „Auch an der Transparenz darüber, was Trainees in dem Unternehmen erwartet, lässt sich ein gutes Traineeprogramm erkennen“, betont Christina Triffterer von der Porsche Holding Salzburg, „genauso wie am Integrationsgrad der Trainees ins Unternehmen, an der Betreuung und Begleitung während des Programms und nicht zuletzt an den Perspektiven, die ihnen geboten werden.“
Und sollte doch ein Punkt unklar bleiben, hilft es, nach Erfahrungsberichten zu recherchieren oder sich direkt in Foren und Karriereportalen mit aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern des Unternehmens auszutauschen. Denn ein gutes Netzwerk hilft immer – nicht nur während des Traineeprogramms.
Text: Heinz Peter Krieger