Immer häufiger steht ein Traineeprogramm am Anfang einer großen Karriere. Neben der intensiven Ausbildung profitieren die Trainees von einem umfassenden Überblick über das Unternehmen und dem dichten Kontaktnetzwerk. Und das noch lange nach Abschluss ihres Programms.
„Für ein Traineeprogramm habe ich mich entschieden, weil ich in kurzer Zeit verschiedene Bereiche kennenlernen und mich noch ausprobieren wollte“, sagt Florentina Pacher, die ihre berufliche Laufbahn als Trainee bei Peek & Cloppenburg begann. Nach ihrem Bachelorstudium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Master an der Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi in Mailand startete sie bei dem Modehändler als Trainee für die Position „Fashion Buyer“. Dort wurde sie auf eine Karriere mit dem Schwerpunkt Einkauf vorbereitet.
Auf die Stelle aufmerksam wurde die heute 26-Jährige gleich am ersten Tag ihres Bachelorstudiums: „Eine Verkaufsleiterin von P&C war als Gastrednerin beim Welcome Day auf der WU Wien geladen. Ihr Vortrag war sehr inspirierend. Deshalb bewarb ich mich noch während meines Masterstudiums um eine Stelle als Trainee bei P&C.“ Mit Erfolg: Florentina Pacher absolvierte ein Assessment Center, nahm an einem Infotag in einem Verkaufshaus teil – und flog unmittelbar nach Abschluss ihres Master-Studiums zum Onboarding in die P&C-Zentrale in Düsseldorf. „Dort lernte ich dann meine Trainee-Kollegen aus Österreich und Deutschland kennen.“
Vorreiter Banken und Versicherungen
Das erste Traineeprogramm im deutschsprachigen Raum soll 1948 die „Margarine-Union“, eine Tochtergesellschaft des Unilever-Konzerns, angeboten haben. Seit den 1970er-Jahren setzten sich Traineeships in immer mehr Unternehmen durch. Vorreiter waren Banken und Versicherungen. Inzwischen sind die Programme in allen wichtigen Branchen etabliert.
Ziel war ursprünglich, qualifizierte Hochschulabsolventen in einer breit und generalistisch angelegten Ausbildung auf eine Management-Laufbahn einzustimmen. Heute bereiten Traineeprogramme häufig auch auf eine verantwortliche Position in einer Fachabteilung vor – so wie bei Florentina Pacher, die heute als Retail Buyerin für Damen-Soft-Accessoires in den P&C-Weltstadthäusern in Wien tätig ist.
Typisch für ein Traineeprogramm ist aber in beiden Varianten, dass die Trainees während des Programms eine bestimmte Zahl von Abteilungen durchlaufen, um so einen Überblick über das gesamte Unternehmen und seine Abläufe zu erhalten.
Abteilungsübergreifendes Wissen aneignen
Wer als Direkteinsteiger ins Berufsleben startet, weiß von Anfang an, welche Position er im Team bekleiden wird. Aufgaben und Verantwortung sind von Beginn an klar umrissen. Praktische Arbeiten und eigene Projekte können Direkteinsteiger nach einer kurzen Einarbeitungsphase oft früher übernehmen als Trainees, da diese während ihres Einarbeitungsprogramms regelmäßig die Abteilung wechseln.
Gerade das ist jedoch der entscheidende Pluspunkt eines Traineeprogramms. Warum das so ist, erklärt Vanessa Seidl, Personalreferentin im Liebherr-Werk Bischofshofen: „Hochschulabsolventen wissen oft trotz einiger Praktika noch nicht genau, was sie im Berufsleben erwartet und in welche Richtung sie gehen möchten. Über unsere Traineeprogramme können wir ihnen den nötigen Einblick vermitteln. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Trainees sich in den verschiedenen Stationen einen guten Überblick über das Unternehmen verschaffen und sich auch bereits ein Netzwerk im Unternehmen aufbauen können.“
Was sollten Trainees mitbringen?
Traineeprogramme sind besonders für Kandidaten geeignet, die noch nicht auf ein bestimmtes Fachgebiet festgelegt sind und sich besonders für die Zusammenhänge in einem Unternehmen interessieren. Das Kölner Staufenbiel Institut ermittelte in seiner Studie „Jobtrends 2016 “ für den deutschen Arbeitsmarkt eine Quote von 84 Prozent, die Absolventen mit Bachelorabschluss als Trainees ausbildet. Bei manchen Arbeitgebern sollte es dagegen ein Master oder Magister sein.
Mitbringen müssen die Bewerber unabhängig vom Abschluss eine gute Portion Flexibilität und Engagement. „Trainees sind Potenzialträger. Sie sollten deshalb im Studium und in Praktika schon bewiesen haben, dass sie sehr eigeninitiativ und engagiert sind“, erklärt Vanessa Seidl. Oder wie Christina Triffterer es formuliert, die bei der Porsche Holding Salzburg (PHS) für das Employer Branding und Talent Scouting verantwortlich ist: „Für unser Traineeprogramm suchen wir Querdenker mit geradliniger Arbeitsweise, die gerne einen Gang höher schalten.“
Der Überblick über verschiedene Bereiche hilft nicht nur den Berufseinsteigern. Auch das Unternehmen profitiert davon: „Indem sie verschiedene Stationen durchlaufen, eignen sich die Trainees schon früh prozessübergreifendes Wissen über das Unternehmen an. Dieses Verständnis tragen sie dann auch in die Abteilung, in die sie nach Abschluss des Traineeprogramms fix kommen“, erklärt Personalexpertin Seidl.
Traineeprogramme auch für Techniker
Traineeprogramme galten früher eher als Domäne von Wirtschaftsabsolventen, die auf ihre künftige Rolle in der Unternehmensführung vorbereitet wurden. Doch auch für Ingenieure, Informatiker und Naturwissenschaftler ist der Direkteinstieg nicht mehr der alleinige Weg nach oben. Traineeprogramme für technisch orientierten Nachwuchs sind immer dann üblich, wenn für die künftige Rolle bereichsübergreifendes Wissen und interdisziplinäre Fähigkeiten gefragt sind. Auch Social Skills lassen sich besser trainieren, wenn der Berufseinsteiger häufiger die Abteilung wechselt und nicht direkt in einer Fachabteilung startet.
Deshalb bildet das Technik-Unternehmen Liebherr Absolventen mit technischem Abschluss und Wirtschaftswissenschaftler im selben Traineeprogramm aus. „Das ist uns wichtig, damit sich beide Seiten umfangreiches Hintergrundwissen über das Unternehmen aneignen. Die Techniker sollen auch das Kaufmännische mitbekommen und umgekehrt“, erklärt Vanessa Seidl. „Durch den generalistischen Ansatz entwickeln sich ein allgemeines, gegenseitiges Verständnis und eine gute Dynamik in den Abteilungen“, so die Personalreferentin weiter.
Dass mittlerweile fast alle geschäftlichen Prozesse nicht nur durch Informationstechnologie unterstützt, sondern komplett digital durchdrungen und gesteuert werden, spiegelt sich in den Traineeships ebenfalls zunehmend wider. So sind im Programm „Trainee Development International“ der Porsche Holding Salzburg, das auf eine Laufbahn in den Bereichen Vertrieb, Finanzen oder IT vorbereitet, Digitalisierung und Automatisierung ein großes Thema. Christina Triffterer nennt die Gründe: „Die Digitalisierung schreitet auch in unserer Branche mit großen Schritten voran. Dementsprechend suchen wir verstärkt Digitals mit hervorragenden Projektmanagement-Kenntnissen sowie hoch qualifizierte Business Developer und IT-Spezialisten. In dem Traineeprogramm wollen wir sie fit für eine Fach- oder Führungskarriere machen.“
Durchschnittliche Dauer 17 Monate
Laut der Jobtrends-Studie des Staufenbiel Instituts dauert ein Traineeprogramm im Durchschnitt 17 Monate und die Trainees durchlaufen in dieser Zeit 4,2 Abteilungen. Das Problem ist: Die Bezeichnung „Traineeprogramm“ ist nicht geschützt. Letztlich kann jeder Arbeitgeber das Etikett verwenden, wie er möchte. Dauert das Programm weniger als zwölf Monate, ist Vorsicht geboten. Bewerber sollten zumindest prüfen, ob es noch einen umfassenden Überblick über das Unternehmen bieten kann. Dauert das Programm länger als 18 Monate, sollte deutlich werden, wo der Mehrwert einer solch langen Ausbildung für Akademiker liegt.
Das sieht auch Christina Triffterer von der Porsche Holding Salzburg so: „Unsere Trainees durchlaufen während des 18-monatigen Programms drei Stationen in unseren Geschäftsfeldern Großhandel, Einzelhandel, Finanzdienstleistungen oder Informatik. In dieser Zeit kristallisiert sich meist sehr gut heraus, wo sie im Anschluss am besten eingesetzt werden können. Ziel ist es, ihnen die Möglichkeit zu geben, in ein internationales Unternehmen einzusteigen und dieses in den anderthalb Jahren sehr gut kennenzulernen.“
Im Traineeprogramm des Liebherr-Konzerns lernen die Trainees in ebenfalls 18 Monaten sechs feste Stationen kennen. Auch das Traineeship bei Peek & Cloppenburg dauert anderthalb Jahre, berichtet der ehemalige Trainee Florentina Pacher: „Nach dem Onboarding in Düsseldorf verbrachte ich jeweils drei Monate in den Bereichen Verkauf und Einkauf.“ Begleitet wurde dies durch unterschiedliche Seminare in der hauseigenen P&C-Academy. Die Schulungen zu Themen wie Warenkunde oder Warenwirtschaft bereiteten Pacher auf ihre erste Führungsposition noch während des Traineeprogramms vor. „Ich wurde für ein Jahr Abteilungsleiterin im P&C-Weltstadthaus in der Mariahilfer Straße in Wien – mit eigenem Team, eigener Verkaufsfläche und voller Umsatzverantwortung. Die 18 Monate vergingen wie im Flug“, erinnert sie sich.
Workshops, Trainings und E-Learning
Begleitende Seminare, wie sie die Einkäuferin von Peek & Cloppenburg wahrnehmen konnte, zeichnen ein gutes Traineeprogramm ebenfalls aus. Workshops, Fachseminare, Soft-Skills-Trainings oder Sprachkurse sind regelmäßig in die Programme integriert. Hier lernen die Trainees, was sie für ihre weitere Karriere im Unternehmen benötigen, sich aber nicht „on the Job“ in den einzelnen Abteilungen aneignen können.
Auch die Porsche Holding Salzburg setzt auf begleitende Off-the-Job-Trainings. „Wir haben ein Personalentwicklungsprogramm speziell für die Trainees zusammengestellt. In den Modulen haben sie Gelegenheit, sich mit Kollegen zu vernetzen und persönlich weiterzuentwickeln“, erklärt Christina Triffterer. Liebherr setzt schon in der ersten Station des Traineeprogramms auf interne Produktschulungen. „Die Schulungen setzen wir bewusst früh an, weil die Kenntnis über die Produkte sehr wichtig für die Mitarbeit der Trainees in den weiteren Abteilungen ist“, erläutert Vanessa Seidl. „Wir bieten auch in fast allen Abteilungen E-Learning-Kurse an, in denen die Trainees bestimmte Themen vertiefen können. Außerdem gibt es Projektmanagement-Schulungen und Quartalsmeetings mit allen Trainees. Ein systematisches Onboarding findet zu Beginn für alle neuen Mitarbeiter statt“, so die Personalerin weiter.
Individuelle Betreuung
Eine individuelle Betreuung ist ein zentrales Qualitätsmerkmal für ein gutes Traineeprogramm. Trainees sollte sich jederzeit mit allen Fragen an eine erfahrenen Mentor wenden können. Denn die Programme sind zwar sehr abwechslungsreich, verlangen den Trainees aber auch einiges ab. Zudem wird häufig erst während des Programms über die endgültige Zielposition entschieden. Umso wichtiger ist der Austausch über die weitere Entwicklung und die Perspektiven im Unternehmen.
So konnte sich Florentina Pacher während ihres Traineeprogramms bei Peek & Cloppenburg regelmäßig mit ihrer Mentorin, einer erfahrenen Zentraleinkäuferin, austauschen. „Unser Koordinator aus dem Personalbereich war ebenfalls immer für die Trainees im Verkaufshaus da“, so Pacher. Bei der PSH stehen den Trainees neben den Führungskräften aus der jeweiligen Fachabteilung auch die Coaches aus den Off-the-Job-Trainings zur Seite. „Selbstverständlich können die Trainees sich auch jederzeit an unsere Personalentwicklung wenden“, so Talent Scout Christina Triffterer.
Netzwerke für die weitere Karriere
Während eines Traineeprogramms entwickeln sich zahlreiche intensive Kontakte in der Zentrale und den durchlaufenen Stationen. Das ermöglicht es den Trainees fast von selbst, sich früh ein Netzwerk aus Experten in den einzelnen Abteilungen aufzubauen. Florentina Pacher erinnert sich, wie sie die zahlreichen Seminare bei Peek & Cloppenburg oft gemeinsam mit Trainees aus Österreich und Deutschland absolvierte. „So konnte ich ein tolles Netzwerk im Unternehmen knüpfen – von Wien bis Düsseldorf.“
Das Networking lässt sich auch systematisch fördern. Bei Liebherr kommen die Trainees des Unternehmens alle drei Monate zu einem Quartalsmeeting zusammen. Dort sprechen sie mit den Verantwortlichen für das Traineeprogramm darüber, wie die Traineeships in ihren Stationen verlaufen und in welche Richtung sie sich weiterentwickeln können. „Da wir alle drei Monate einen neuen Trainee einstellen und die Programme 18 Monate dauern, kommen regelmäßig die Trainees zusammen, und tauschen sich in den Meetings über ihre persönliche Entwicklung und ihre Erfahrungen im Unternehmen aus“, erklärt Vanessa Seidl. Dass sich hier intensive und bereichsübergreifende Kontakte auch für die Zeit nach dem Traineeprogramm ergeben, ist naheliegend.
Wie international sind die Programme?
Traineeprogramme bieten vor allem große Unternehmen an, seltener kleinere Mittelständler. Nach der Vorbereitung auf eine Führungsposition stehen auch die Chancen auf eine internationale Laufbahn nicht schlecht. Bei manchen Global Playern gehört deshalb ein Auslandsaufenthalt zu den festen Bestandteilen eines Traineeprogramms, um die Trainees früh an das internationale Umfeld zu gewöhnen. Wer eine internationale Karriere anstrebt, sollte bei der Wahl des Programms darauf achten. Verlangt werden dann von den Bewerbern auch gute Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen. Erste Auslandserfahrungen sind ebenfalls von Vorteil.
Die Porsche Holding Salzburg handhabt die Möglichkeit einer internationalen Station variabel: „Für das Traineeprogramm ist ein Auslandsaufenthalt geplant, aber kein Muss. Internationales Wachstum ist für uns jedoch ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Internationale Mobilitätsbereitschaft ist deshalb bei künftigen Führungskräften auf jeden Fall erforderlich“, erklärt die Employer-Branding-Verantwortliche Christina Triffterer. „Denn unsere Trainees starten nach erfolgreichem Abschluss des Programms oft in einem unserer Auslandsmärkte.“
Auch Liebherr erwartet von Trainees die Bereitschaft für internationale Projektaufgaben. „Gerade Trainees sind dafür prädestiniert, mit ausländischen Werken zusammenzuarbeiten“, so Vanessa Seidl. Stationen im Ausland sind während des Traineeprogramms von Liebherr noch nicht obligatorisch, die internationale Perspektive soll künftig aber verstärkt in den Fokus genommen werden: „Wir planen ein zusätzliches internationales Traineeprogramm in unserer Sparte Erdbewegung. Hier sollen nach den 18 Monaten des regulären Programms sechs Monate mit Stationen in zwei internationalen Werken hinzukommen, um den internationalen Aspekt von vornherein fest in das Programm zu integrieren.“
Übernahmechancen nach dem Traineeprogramm
Die Organisation eines Traineeprogramms bedeutet für beide Seiten einen hohen Aufwand. Deshalb sollte von Anfang an klar sein, welche Perspektiven der Trainee im Unternehmen für eine Karriere nach Abschluss des Traineeships hat. Bei einem seriösen Angebot wird der Arbeitgeber das schon zu Beginn des Programms transparent machen. Häufig erhalten die Trainees von vornherein einen unbefristeten Vertrag.
Aber auch mit einem befristeten Vertrag haben sie bei einem qualitativ hochwertigen Programm sehr gute Übernahmechancen. Schließlich liegt es im Interesse der Arbeitgeber, die gut ausgebildeten Trainees im eigenen Unternehmen zu halten.
Gut im Unternehmen angekommen ist P&C-Trainee Florentina Pacher: „Nach dem 18-monatigen Programm bin ich wie geplant als Retail Buyer eingestiegen. In dieser Position kümmere ich mich aktuell um zwei Dinge gleichzeitig: um den Einkauf und den Verkauf.“ Die Wirtschaftsabsolventin ordert die Ware und verfolgt die Trends für ihre Verkaufsflächen. „Gleichzeitig leite ich die Abteilung im Verkaufshaus und sorge dafür, dass mein Team der ideale Gastgeber für unsere Kunden ist.“ Ihre weitere Perspektive im Unternehmen kennt die frühere Trainee Pacher ebenfalls schon: „Langfristig zieht es mich ich in Richtung Zentraleinkauf.“
Text: Heinz Peter Krieger