Immer mehr Unternehmen setzen im Bewerbungsprozess Online-Assessments ein. Auch Trainee-Bewerber müssen vor dem Rechner Aufgaben bewältigen und ihre Eignung nachweisen. Was kommt auf sie zu?

Online-Assessment: Deshalb setzen Unternehmen es ein

Das Online-Assessment verfolgt einen einfachen Zweck. Es soll dem HR-Büro die Vorauswahl der Bewerber erleichtern – und dadurch viel Zeit sparen. Nicht jedes Unternehmen setzt Online-Assessments ein, aber die Zahl steigt.

In der Regel ist das Online-Assessment der Eingangsbewerbung nach– und dem Vorstellungsgespräch vorgeschaltet. Das heißt: Anhand der Bewerbungsunterlagen – insbesondere des Lebenslaufs – sortiert das Unternehmen die ersten Bewerber aus. Es folgt also zunächst dem Prinzip der Negativauswahl. Alle anderen werden gebeten, das Online-Assessment zu durchlaufen. Wer auch hier besteht, erhält eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das Online-Assessment ist also nur eine von vielen Etappen auf dem Weg zur Traineestelle – aber eine, die für so manchen zum Stolperstein wird.

Sinn und Zweck des Online-Assessments ist es, die grundsätzliche Eignung des Bewerbers zu prüfen. Dabei sind vor allem diese Aspekte wichtig:

  • Motivation
  • Persönlichkeit
  • Arbeitsweise
  • Teamfähigkeit
  • Wissen
  • Kompetenz
  • Intelligenz

Ergänzung: Neben derartigen Eignungstests bieten viele Unternehmen auch sogenannte Self-Assessments an. Die Bewerber sollen dadurch herausfinden, ob ihnen der Job Spaß machen könnte. Sie durchlaufen am Bildschirm mehrere Stationen, werden mit reellen Arbeitssituationen konfrontiert und sollen Aufgaben lösen – ganz ohne Bewertung oder Punktvergabe.

Wer sich mit dem Berufsprofil gar nicht identifzieren kann, kann von vornherein auf eine Bewerbung verzichten – auch das also ein indirektes Mittel zur Vorauswahl.

Online-Assessment: Wie läuft es ab?

Beim Online-Assessment handelt es sich um ein webbasiertes Testverfahren, das der Bewerber zuhause vor dem Rechner durchläuft. Zunächst erhält er vom Unternehmen eine E-Mail mit den Zugangsdaten. Damit loggt er sich im System ein und beantwortet nacheinander verschiedene Fragen und löst Testaufgaben.

Oft gibt es ein Zeitlimit, manchmal auch nicht. Aber unterbrechen kann der Teilnehmer das Assessment in der Regel nicht. Einmal eingeloggt, gibt es keinen zweiten Versuch mehr. Tipp: Viele Unternehmen bieten Beispielaufgaben an. So können Kandidaten vorab üben, ohne den ganzen Prozess in Gang zu setzen. Denn noch einmal: Wer im Online-Assessment versagt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Rennen. Logisch, dass Online-Assessments standardisiert und damit für alle Bewerber gleich sind. Das ist nicht nur fair, sondern stellt auch Vergleichbarkeit sicher.

Trotzdem verfügt das Online-Assessment natürlich nicht über die Entscheidungsgewalt. Es dient lediglich als Entscheidungs- und Orientierungshilfe für das Unternehmen. Letztlich entscheiden die Mitarbeiter in der Personalabteilung, wie sie die Ergebnisse werten und nutzen. Aber dass sie sich bei ihrer Entscheidung an den Ergebnissen des Online-Assessments stark orientieren, davon sollten Bewerber ausgehen.

Online-Assessment: Das wird abgefragt

Jedes Online-Assessment ist anders. Welche Schwerpunte es setzt, entscheidet das jeweilige Unternehmen. Die Inhalte können von der Branche, Größe oder den Produkten des Unternehmens abhängen – und auch von der Firma, die die Software produziert hat.

Diese Aspekte werden in Online-Assessments häufig abgefragt:

  • Allgemein– und Fachwissen
  • Logisches und analytisches Denken
  • Sprachverständnis
  • Mathematik und Zahlenverständnis
  • Interessen
  • Führungseigenschaften
  • Situationssimulation
  • Präferenzen des Arbeitsumfelds

Hier einige Beispiele. Achtung: Es handelt sich um fiktive Beispielaufgaben. Dass dir diese genauso im Online-Assessment begegnen, ist nahezu ausgeschlossen.

Mathematik und Zahlenverständnis

Relativ beliebt sind Prozentrechnungen. Beispiel: „Sie erhalten eine Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent. Ihr Gehalt betrug bislang 2.500 Euro. Wie hoch ist Ihr Gehalt nach der Gehaltserhöhung?“ Das solltest du im Kopf können. Andererseits ist es nicht verboten, einen Taschenrechner parat zu haben. Richtige Antwort: 2562,50 Euro.

Weniger hilfreich ist der Taschenrechner allerdings bei Zahlenreihen. Eine solche Zahlenreihe könnte lauten: 3- 6- 9- 12- X. „Bitte vervollständigen Sie die Reihe.“ In diesem Fall kinderleicht, jedes Mal wird die Ursprungszahl mit drei addiert. An die Stelle des X kommt also die Zahl 15. Es geht aber auch eine Spur komplexer. Zum Beispiel: 15- 45- 40- 120- 115- X. Die erste Zahl mit drei multiplizieren, danach durch fünf subtrahieren und wieder von vorne. Das X beträgt somit 345.

Noch eine Mathe-Aufgabe: „Wie viele Stunden und Minuten sind 21.600 Sekunden?“ Hier ist die Herleitung wichtig. Eine Stunde besteht aus 60 Minuten, jede Minute aus 60 Sekunden. Somit hat jede Stunde 3600 Sekunden. Wenn du nun 21.600 durch 3600 dividierst, kommst du auf genau sechs Stunden.

Sprachverständnis

Ein gutes Sprachgefühl erleichtert dir die Kommunikation im Arbeitsalltag. Ganz praktisch, beim E-Mailen, Telefonieren, Skypen oder Whatsappen. Und wer sich selbst in den Bewerbungsunterlagen gute Kommunikationsfähigkeiten bescheinigt, sollte sie auch nachweisen können.

Beispielaufgabe: Welches Wort hat eine ähnliche Bedeutung wie ‚Kolossal‘? Antwortmöglichkeiten: Verblüffend – Ehrfurchtsvoll – Fantastisch – Gewaltig – Einzigartig. Gar nicht so leicht. Richtige Antwort: Gewaltig. Auch vermeintlich einfache Rechtschreibübungen können vorkommen. Beispiel: „Welche ist die korrekte Schreibweise?“ Ein bisschen besser – Ein Bisschen besser – Ein bißchen besser – Ein bischen besser. Korrekte Antwort: Ein bisschen besser.

Fremdsprachenkenntnisse

Speziell in Führungspositionen sind sie ein Must-Have. Im Online-Assessment können Fremdsprachenkenntnisse ebenfalls abgefragt werden. Am einfachsten geht das, indem der Arbeitgeber das Assessment komplett in englischer Sprache durchführt.

Logisches Denkvermögen

Logik und Analytik könnte man als Querschnittsfach umschreiben. Es vereint Sprache, Zahlen, Wissen, Reaktionsschnelligkeit. Beispielaufgabe: „Läufer A ist langsamer als Läufer C. Läufer D ist langsamer als Läufer B, aber schneller als Läufer C. Welcher Läufer ist am schnellsten?“ Spaßvögel würden vermutlich antworten: Usain Bolt. In diesem Fall aber lautet die Lösung: Läufer B ist am schnellsten.

Oder: „Welche zwei Wörter lassen sich einem gemeinsamen Oberbegriff zuordnen?“ Auswahlmöglichkeiten: Büro – Computer – Schreibtisch – Papier – Telefon – Sekretärin. Richtige Antwort: Computer und Telefon. Es sind beides technische Geräte.

Auch Matrizentests sind populär, mit denen deine kognitiven Fähgkeiten getestet werden. Dabei handelt es sich um Aufgaben, für die es keine einheitlichen Lösungsmuster gibt. Auch Allgemeinwissen, Sprachgefühl oder Zahlenverständnis helfen dir nicht weiter. Du musst beispielweise in Figuren- und Symbolenreihen Muster und Regeln erkennen und diese richtig anwenden.

Allgemeinwissen

Folgt man so mancher Expertenstimme, dann nimmt das Allgemeinwissen in der Gesellschaft kontinuierlich ab. Ein Grund: Es ist dank Smartphones immer und überall abrufbar – und somit gar nicht mehr notwendig. Im Bewerbungsverfahren spielt es durchaus noch eine Rolle, mitunter auch im Online-Assessment.

Fragen zum Allgemeinwissen könnten sein:

  • Wo steht das Kolosseum?
  • Wie heißt die Hauptstadt von Norwegen?
  • Wer schrieb das Theaterstück Hamlet?
  • Wie viele Nachbarländer hat Österreich?
  • Seit wann gilt der Euro als alleiniges Zahlungsmittel in Österreich?

Tipp: Auf Quiz-Apps auf dem Smartphone können Bewerber trainieren und ihr Wissen auffrischen.

Business Case

Auch branchenspezifisches Fachwissen wird im Online-Assessment gerne abgefragt. In diese Rubrik gehört auch der Business Case. Dabei müssen Bewerber eine Aufgabenstellung lösen, die sich an den Herausforderungen des Unternehmens orientiert. Der Business Case ist übrigens auch im physischen Assessment Center populär.

Denkbar auch, dass aktuelle Entwicklungen im Business Case Berücksichtigung finden. Beispiel: „Inwiefern würden sich Strafzölle in den USA, wie sie Donald Trump angeregt hat, positiv oder negativ auf das Geschäft unseres Unternehmens auswirken?“

Self-Assessment

Die Self-Assessments dienen vorrangig dem Bewerber selbst – und indirekt auch dem Unternehmen. In Videos stellen sich echte Mitarbeiter vor, unternehmen mit dem Kandidaten einen virtuellen Rundgang durchs Büro und stellen ihm seinen Arbeitsplatz in spe vor. Das Ganze läuft häufig sehr spielerisch ab.

Testaufgaben sollen die Motivation des Users prüfen und ihn von einer Bewerbung überzeugen. Sagt ihm der Arbeitsplatz nicht zu, sieht er von einer Bewerbung ab – auch das wäre eine Win-win-Situation für beide Seiten, weil es Arbeit und Aufwand spart.

Online-Assessment: 4 Tipps

Wohlfühlatmosphäre

Das Online-Assessment kann der Bewerber ganz bequem zuhause vor dem Rechner absolvieren. Das klingt natürlich kuscheliger, als es in Wahrheit ist.

Die Aufgaben erfordern Konzentration und Fokus. Das ist angesichts vieler Störquellen keine Selbstverständlichkeit. Darum gilt: Lärmquellen deaktivieren, zum Beispiel Fernseher und Radio ausschalten, Handy auf lautlos stellen, Fenster schließen, Kopfhörer aufsetzen. Eine angenehme, aber aufrechte Sitzhaltung annehmen, also besser nicht mit dem Laptop auf die Couch lümmeln.

Den Test in einer Zeit absolvieren, in der sonst niemand zuhause ist: Eltern, Geschwister, Mitbewohner. Auf keinen Fall fürs Online-Assessment ins Internet-Café gehen, da zu laut und hektisch. Und auch die Temperatur so regeln, dass es nicht zu heiß oder kalt ist. In einem Satz: Eine Atmosphäre herstellen, die der eigenen Konzentration zuträglich ist.

Technik

Das Smartphone ist heute ein Alleskönner. Das Online-Assessment sollte man aber nach Möglichkeit doch vor einem größeren Monitor durchlaufen. Bei einem Laptop oder Desktop-PC sieht man schlichweg besser. Dadurch ist auch die Gefahr geringer, sich aus Versehen zu verklicken.

Sehr hilfreich: eine stabile Internetverbindung, die nicht ständig abstürzt oder stockt. Wackeliges W-LAN im Café könnte zu Problemen führen.

Hilfsmittel

Ein Blatt Papier und Stifte neben den Rechner auf den Schreibtisch legen. So kannst du dir schnell Notizen machen, einen Dreisatz rechnen zum Beispiel. Das hilft. Ein Taschenrechner kann ebenfalls nützlich sein. Vielleicht sogar ein Tuch, mit dem man zwischendurch die Hände abtrocknet – gerade für Nervenbündel gar keine schlechte Idee.

Hilfsmittel verleihen Sicherheit. Und wer sicher ist, bleibt ruhig, konzentriert, lässt sich nicht hetzen. Vorteile!

Training

Manche Online-Assessment arbeiten mit einem (relativ großzügigen) Zeitlimit, manche auch mit gar keinem. Manche bieten Beispielaufgaben an, andere nicht. In jedem Fall sollten Bewerber vorher trainieren.

Im Internet gibt es eine ganze Reihe an Online-Assessments und Eignungstests, die du probeweise absolvieren kannst. Dazu zählen auch IQ-Tests. So versetzt du dich in eine Prüfungssituation und bist auch mental besser vorbereitet.

Online-Assessment: Und dann?

Online-Assessment abgeschlossen? Dann bleibt dir vorerst nichts anderes übrig als: Bitte warten! Die Unternehmen haben verschiedene Prozedere. Warte also in Ruhe ab, bis sich die Firma meldet – und dich hoffentlich zum Vorstellungsgespräch einlädt. Wenn du wochenlang nichts gehört hast, darfst du auch gerne nachfassen. Mit einer höflichen E-Mail oder einem Anruf.

Online-Assessment Checkliste:

  • Gut vorbereiten
  • Nicht währenddessen das Browserfenster schließen
  • Nicht zu schnell antworten
  • Angenehme Sitzhaltung einnehmen
  • Ruhig und konzentriert bleiben
  • Rahmenbedigungen schaffen
  • Laptop oder PC nutzen
  • Stabile Internetverbindung sicherstellen

Text: Sebastian Wolking